Einschränkung der Meinungsfreiheit an der Universität Bremen

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Einschränkung der Meinungsfreiheit an der Universität Bremen

Wir sind auf ein Schreiben des Rektorats aufmerksam gemacht worden, in dem der AStA massiv angegriffen wird, weil er die Gruppe "Uni(te) for Pali" bei der Beschaffung eines Raumes unterstützt hat. Auf dieser Veranstaltung wurde die Menschenrechtssituation im Nahen Osten diskutiert. Das Rektorat hat die Genehmigung zur Nutzung dieses Raumes rückwirkend zurückgezogen. Dies ist ein Angriff auf die Rechte und Pflichten des AStA, den ungehinderten akademischen Ideenaustausch unter Studierenden zu ermöglichen und zu unterstützen.

Das Rektorat kündigt im oben genannten Schreiben zusätzlich an, "weitere genehmungspflichtige Veranstaltungen in der Universität zu versagen". Bereits in der Vergangenheit hat das Rektorat die Nutzung von universitären Räumen für studentisch organisierte Bildungsveranstaltungen zu politischen Themen, wie zum Beispiel über den Konflikt im Nahen Osten erschwert. Das ist eine Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit.

Wir möchten hier auf die Richtlinien der Universität Bremen zur Überlassung von Räumlichkeiten hinweisen, die in § I, Abs. 2 und § II, Abs. 1 festlegt, dass Veranstaltungen von Organen der Studierendenschaft, wie dem AStA, keinen vollständigen Antrag benötigen, sondern lediglich eine Raumanfrage gestellt werden muss, wenn die Veranstaltung im Rahmen der Aufgaben der Studierendenschaft erfolgt. Der AStA hat gemäß § 45 Abs. 2 BremHG die ausdrückliche Aufgabe, die politische Bildung der Studierenden zu fördern und Veranstaltungen sowie Projekte durchzuführen, die das politische Engagement und gesellschaftliche Bewusstsein stärken. Der AStA agiert als eine Säule der akademischen Selbstverwaltung an der gesamten Universität. Der Versuch des Rektorats, den AStA in seiner Tätigkeit zu beeinflussen, überschreitet die Befugnisse des Rektorats und stellt einen Eingriff in die Autonomie des AStA dar.

Eine solche Maßnahme und die Andeutung weiterer Verbote fördert ein Klima der Angst und Unsicherheit unter den Studierenden und dient der Einschüchterung demokratischen Engagements. Dies gilt besonders für die am stärksten prekarisierten Mitglieder der Universität: Studierende, die unter Rassismuserfahrungen leiden und zum Teil auch von einer Ausweisung gefährdet sind. Es sind diesselben Studierenden, die im aktuellen Rechtsruck zur Zielscheibe anti-demokratischer Angriffe gemacht werden. Die Universität hat den Auftrag, ihre Studierenden nicht zu gefährden. Diesem Auftrag ist das Rektorat in der Vergangenheit mehrfach, auch bei der Kriminalisierung friedlicher Studierender, die ihr Recht auf politische Teilhabe wahrgenommen haben, nicht nachgekommen. 

Das Rektorat darf nicht davon ausgehen, dass es den öffentlichen Ideenaustausch auf dem Campus kontrollieren kann. Das Rektorat einer öffentlichen Universität muss Raum und Sicherheit für die Ausübung verfassungsmäßiger Rechte aller ihrer Mitglieder gewährleisten. 

Wir fordern daher die Rücknahme der vom Rektorat gestellten Maßnahmen und Drohungen, weil sie Studierende in der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit einschränken.

Wir fordern, dass der AStA Räume über alle Themen im eigenen Ermessen (wie gesetzlich verankert) buchen kann.

Wir fordern einen fairen Umgang mit Studierenden und Mitarbeitenden der Universität, die für ihre politischen Positionen offen einstehen und diese im demokratischen Rahmen diskutieren wollen. Das Rektorat behauptet öffentlich, dass sie für einen Austausch mit ihren Studierenden stehen. Doch die Aktionen des Rektorats führen dazu, dass sowohl jeglicher friedlicher Protest als auch jegliche Kommunikation mit ihnen von Angst nach strafrechtlichen Konsequenzen geprägt ist.

Wir fordern einen schriftlichen Zuspruch, in dem das Rektorat darlegt, wie sie die Universität als Raum der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit konkret vor repressiven Eingriffen der Politik schützen wollen.

Unterzeichnet:
AStA Universität Bremen, uni(te)4pali, Kralle, SDS, FemRef, Studis gegen rechts, vegane Hochschulgruppe,
Türkische Studierendengemeinschaft Bremen
AStA HSB, circa 106, Mera25 Bremen, Linksjugend Bremen, Seeds of Palestine

 

Restriction of freedom of expression at the University of Bremen

We have recently been made aware of a letter from the Rectorate in which the AStA is massively attacked because it supported the group “Uni(te) for Pali” in obtaining a room on campus. The event’s topic was the human rights
situation in the Middle East. With this letter, the Rectorate has retroactively withdrawn permission to use this room. This is a violation of the AStA’s rights and obligations to enable and support the unhindered academic exchange of ideas among students.

In the above-mentioned letter, the Rectorate also announces that it will “deny approval for room requests for further events at the university”. In the past, the Rectorate has already made it difficult to use university rooms for student-organized educational events on political topics, such as the conflict in the Middle East. This is a restriction of academic freedom.

We would like to refer to the University of Bremen's guidelines on the use of rooms, which stipulate in § I, para. 2 and § II, para. 1 that for events organized by the AStA, only a technical room request must be submitted if an event takes place within the framework of representing the student body’s interests. According to § 45 para. 2 BremHG, the AStA has the explicit task of promoting the political education of students and organizing events and projects which strengthen political engagement and social awareness. The AStA acts as one of the pillars of the university’s academic self-government. The Rectorate's attempt to hinder, and threaten the AStA in its activities exceeds the powers of the Rectorate and constitutes an encroachment on the AStA’s autonomy.

Such a measure and the suggestion of further bans promotes a climate of fear and insecurity among students and serves to intimidate democratic engagement. This is especially true for the most precarious members of the university: students who suffer from experiences of racism, some of whom are also at risk of expulsion. These are the same students who are being targeted by anti-democratic attacks in our society’s current political shift to the right. The university has a duty to protect its students, not to endanger them. In the past, the Rectorate has repeatedly failed to comply with this mandate by criminalizing peaceful students who have exercised their right to political participation.

The Rectorate must not assume that it can control the public exchange of ideas on campus. The rectorate of a public university must guarantee space and security for the exercise of the constitutional rights of all its members.

We therefore demand the withdrawal of the measures and threats issued by the Rectorate because they restrict students'  freedom of expression and academic freedom.

We demand fair treatment of students and university staff who openly stand up for their political positions and wish to discuss them within a democratic framework. The Rectorate publicly claims that they stand for open exchange with their students. However, its actions produce a situation in which peaceful protest and unhindered communication with them is impeded by fear of potential criminalization.

We demand a written commitment in which the Rectorate explains how they intend to protect the university as a space of freedom of expression and academic freedom from repressive political intervention.

Signed

AStA Universität Bremen, uni(te)4pali, Kralle, SDS, FemRef, Studis gegen rechts, vegane Hochschulgruppe,
Türkische Studierendengemeinschaft Bremen
AStA HSB, circa 106, Mera25 Bremen, Linksjugend Bremen, Seeds of Palestine

 

 

 

Kontext:

Als Reaktion auf die brutale Bombardierung des Gazastreifens durch die israelische Armee, die auf die von der Hamas geführte Offensive auf Israel folgte, und das Schweigen auf dem Campus der Universität Bremen zu diesem Thema, begann eine Gruppe von Studierenden und Mitarbeitenden sich zu treffen, um auf dem Campus auf die katastrophale humanitäre Situation in Gaza aufmerksam zu machen. 

Die Bodeninvasion in Rafah war der Anlass für ihre erste Aktion, die Organisation eines Protestcamps in der Glashalle am 8. Mai. Noch vor Ende des Nachmittags räumte das Rektorat dieses Camp und rief die Polizei auf die Studierenden.

Am 25. Juli beschloss die Gruppe, den „Palästina-Kongress im Exil“ in der Universität zu streamen, eine Konferenz über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunftsaussichten in Palästina. Auf dem Podium versammelten sich palästinensische, jüdische und deutsche Redner*innen. Als die Organisatoren in Bremen nach dem Ende der Übertragung das Gebäude verließen, war die Polizei anwesend, ohne jedoch mit ihnen zu interagieren. Später stellte sich heraus, dass die Polizei von jemandem, der nichts mit der Universität zu tun hat, auf den Campus gerufen wurde, um eine „Versammlung zur Förderung terroristischer Ideologie“ zu melden.

Am 19. August traf sich dieselbe Gruppe mit dem Rektorat, um verschiedene Themen zu besprechen (zu diesem Zeitpunkt stellte sich heraus, dass es jemand aus der Stadt und nicht der Universität war, der im Juli die Polizei gerufen hatte). Bei diesem Treffen zwischen dem Rektorat, der ADE und der Gruppe Unite4Pali versprach das Rektorat, dass alle zukünftigen Veranstaltungen (Vorträge, Filmvorführungen, kulturelle Versammlungen) erlaubt sein werden, solange sie im universitären Rahmen stattfinden. Die ADE schlug vor, ein Gespräch zwischen der Gruppe und der jüdischen Gruppe der Universität zu vermitteln, aber es geschah nichts Konkretes.

Später im August, am 29., äußerte sich das Rektorat vor dem Senat der Stadt in der „Berichtsbitte zu dem Event Palastina Congress in Exile“. Hier erklärte das Rektorat ausdrücklich, dass die Universität mit der Polizei/Verfassungsschutz zusammenarbeiten wird, um Antisemitismus auf dem Campus zu überwachen. Im Zusammenhang mit der Berichtsbitte wurde deutlich, dass Solidaritätsbekundung mit Palästina und Gaza als antisemitisch gelten, wozu das Rektorat schweigt.

Am 29. Oktober bat die Gruppe im Veranstaltungsbüro um einen Raum für die Vorführung des Films „Where Olive Trees weep“. Der Raum für die Vorführung des Films wurde nie zur Verfügung gestellt, was einer Ablehnung gleichkam. Die Gruppe hat nie eine offizielle Antwort der Universität erhalten, warum der Raum verweigert wurde. Um Kontext zum Film zu geben: Dort geht es um Kriegstraumata und dem Umgang mit Inhaftierung, Folter und der Verweigerung der Menschenrechte. Zu den Sprechern gehören unter anderem ein palästinensischer Journalist, der selbst verhaftet und gefoltert wurde, und ein Überlebender des Holocaust.

Am 7. November bat die Gruppe um einen anderen Raum für eine weitere Vorführung, den Dokumentarfilm „Investigating war crimes in Gaza“ des jüdischen Journalisten J. Kleinfeld. Auch hier wurde der Raum verweigert. Die Gruppe wandte sich an den AStA, der den Raum unter dem etwas anderen Namen „Diskussion zu Menschenrechten im Nahen Osten“ buchte. 

Ebenfalls am 7. November verabschiedete der Bundestag eine Resolution, die die Verschmelzung von Israelkritik und Antisemitismus weiter vorantreibt.

Diese Abfolge von Ereignissen zeigt, dass das Rektorat, anstatt ein vertrauenswürdiger und verständnisvoller Akteur zu sein, in repressiver Weise gegen seine eigenen Studierende vorgeht. Die Weigerung, Räume für legitime Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen, und die Drohungen sind ein Lehrbuchbeispiel für Zensur.


Context:

In response to the brutal bombing campaign of the Israeli army on the Gaza strip that followed the Hamas led offensive on Israel, and the relative silence on the campus of the University of Bremen about it, a group of students and university staff members started to meet to try to bring awareness on campus about the catastrophic humanitarian situation in Gaza. 

The ground invasion in Rafah prompted their first action, the organisation of a protest camp in the Glasshalle, on the 8th of May. Before the end of the afternoon, the Rectorate of the university had cleared it by calling the police on the students organizing it. 

On the 25th of July, the group decided to stream the "Palestine congress in exile", a conference about the past and current situation and future prospects in Palestine. The panel included Palestinian, Jewish and German speakers. After the end of the streaming, when the organisers left the building, the police was present, however without interacting with them. It appeared later that the police was called on campus by someone unrelated to the university, to report a "gathering promoting terrorist ideology".

On the 19th of August, this same group met with the Rectorate to discuss various subjects (that is when it appeared that someone from the city called the police in July). During this meeting between the Rectorate, the ADE and the group Unite4Pali, the Rectorate promised that all future events (talks, movie screenings, cultural gatherings) will be allowed as long as they occur within the framework of the university. The ADE proposed to mediate a discussion between the group and the Jewish group of the university, but nothing concrete happened.

Later in August, on the 29th, the Rectorate expressed itself in front of the senate of the city in the "Berichtsbitte zu dem Event Palastina Congress in Exile". Here, the Rectorate explicitely stated that the university will colaborate with the police/Verfassungsschutz to monitor antisemitism on campus. Given the context of the Berichtsbitte, it appeared that expression of solidarity with Palestine and Gaza is considered antisemitic, and that the Rectorate remained silent about it.

On the 29th of October, the group asked for a room at the Veranstaltungsbüro for the projection of the movie "Where Olive Trees weep". The room to project the movie never got granted, amounting to a refusal of granting a room from the university. The group never received a formal reply from the university as for why the room got denied. For context, this movie documents war trauma, and how to cope after being detained, tortured and denied human rights. Speakers include palestinian journalist who got detained and tortured and a holocaust survivor.

On the 7th of November, the group asked for another room for another projection. It was for the documentary "Investigating war crimes in Gaza" by the Jewish journalist J. Kleinfeld. Again the room got denied. The group went through the AStA, which booked the room through a slightly different name "current crisis in the middle east". 

Also on the 7th of November, the Bundestag issued a resolution which further the conflation of critisism of Israel with antisemitism.

This succession of events indicates that the Rectorate, instead of being a trustworthy and understanding actor, acted against its own student in repressive manner. The refusal to grant rooms for legitimate events, and the threats present in the last letter shows textbook example of censorship.

 

 

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