Europaweite Videoüberwachung an Schlachthöfen und Dokumentation
Dr. Grabowski Annamaria |
/ #9422013-07-10 09:28Von: Dr. Grabowski Annamaria Gesendet: 15:27 Montag, 24.Juni 2013 Betreff: WG: "Rosa Pudding" an der "Gehirnmaschine" - Berichte aus dem Schlachthof sind sehr selten ES IST SCHLIMMER; VIEL SCHLIMMER ALS BERICHTET WIRD IN DEN MEDIEN - ES GIBT KEIN "Humanes Schlachten" - lasst Euch nicht anlügen. Es ist in meinen Augen ein Unsinn, über die Situation der Schlachthofarbeiter Innen zu berichten, ohne das Ganze im Blick zu haben: Nur über die Not der Beschäftigten zu sprechen, ist nicht gerecht, den Tieren gegenüber, die in den riesigen Betrieben geschlachtet werden. Je höher die Zahl der zu schlachtenden Tiere in einer Stunde sind, desto schneller werden die Schlachtbänder eingestellt, die Laufbänder für die Großtiere usw.. Und desto mehr werden Tier und Mensch gequält: Tiere sind nicht in genügendem Maße betäubt - oftmals gar nicht betäubt - Menschen müssen mit sich wehrenden Tieren umgehen usw.. Der Schlachthof ist ein grauenhafter Ort, auch dann, wenn die ArbeiterInnen hoch bezahlt wären! Wir haben genug Videos, in denen zu sehen ist, wie auch und gerade Großtiere, wie Kühe, Stiere und Pferde brutal geschlachtet werden. Ach, ich könnte noch so viel darüber berichten... Schlachthöfe haben eine eigene Historie, über die ich auch in dem Buch Schwein gehabt? geschrieben habe. Und vergesst nicht, bevor ein "Nutz-"Tier im Schlachthof landet, hat es meist schon ein gerüttelt Maß an Leiden erlebt ... Textauszug aus meinem BuchSchwein gehabt? Gewalt auf unseren Tellern, S. 400 ff. Näheres: www.schweingehabt.wordpress.com/ Ich möchte nur erwähnen, dass ich alle Texte aus dem Englischen selbst in die deutsche Sprache übersetzt habe; das mag manche etwas holprige Ausdrucksweise erklären; bitte, seht darüber hinweg. Ihr könnte gerne den Text weitergeben, aber immer mit Hinweis auf meinen Namen und den Titel des Buches. Ich konnte das Buch auch nur schreiben, weil ich immer daran dachte, dass ich ja "nur" darüber schreibe, was diese armen Tiere aushalten m ü s s e n . Schlachthöfe sind die "Dunkelsten Orte des Universums" - und Ihr werdet sehen, dass das für Mensch und Tier gilt - alles "zum Wohle" der Fleischverzehrer.... ------------------------------------------------------------------------------------------------- Textauszug: Berufsbezeichnungen der Arbeitenden in den Schlachthöfen: Sticker, Shackler, Rumper, First Legger, Knucker, Dropper, Navel Boner, Splitter, Too/Bottom Butt, Feed Kill Chains, die Namen der Arbeitsschritte, die den Arbeitern durch ihre Tätigkeit die Berufsbezeichnung zuweist, drücken schon verbal die möglichen Arbeitsschritte aus, Schläger, Schlächter, Stecher, Köpfer, Spalter, Zerleger, Ausbeiner, Ausweider, Kuttler; diese Berufsbezeichnungen haben einen martialischen Klang! Arbeitsplätze im Schlachthaus werden sehr selten beschrieben! Erst bei Mother Jones, OnLineNews, fand ich eine Reportage über eine der größten Schlachtbetriebe der USA. Der Name des Arbeiters, der es wagte, über seine Situation zu berichten, wurde verschwiegen, auch die Daten, die seine nähere Umgebung beschrieben hätten, wurden verändert; so brauchte der Mann, der, soviel sei gesagt, aus dem lateinamerikanischen Raum stammt, keine Repressalien zu fürchten. Auf dem Gang, der cut-and-kill floor genannt wird (Schneide-und Tötungsgang) weht immer ein leichter Wind. Er weht herein durch die offenen Türen: Riesige Trailer kommen mit schreienden Schweinen an, die dann in den warm room, den Warmraum, er heißt so, weil hier das Blut der Schweine fließen wird, nachdem sie hineingetrieben wurden. Der Wind weht weiter durch den breezeway, das ist eine Art Tunnel mit seitlich angebrachten Fenstern, der zwei Gebäude oder Gebäudeabschnitte miteinander verbindet, durch die die geschlachteten Tiere zur Fleischverarbeitung gekarrt werden.Überall ist dieser leichte Wind zu fühlen, wie in einem Bergtal. In der ersten Dezemberwoche des Jahres 2006 fühlte sich der 24-jährige Matthew Garcia, Codename, elend und fiebrig. Er bekam immer stärkere Rückenschmerzen und erlitt Schwindelanfälle, aber er dachte, das sei nur eine Grippe, die ihn erwischt hätte. Das würde er schon durchstehen! 12 Wochen vorher kam Garcia an einen Arbeitsplatz, der flapsig Die Gehirnmaschine genannt wurde; diese stand am Ende des in Schlangenlinien sich windenden Ganges, der zu dem sogenannten Kopftisch, head table, führte.1300 Schweineköpfe kamen pro Stunde an einem Fließband an dem Tisch an. ArbeiterInnen schnitten die Ohren, die Schnauzen, ab und puhlten das Wangenfleisch heraus, es gehörte auch zu ihren Aufgaben, die Augen herauszustechen, die Zunge herauszuschneiden und den Tisch von den Resten freizukratzen, die auf ihm klebten. Alles aber wurde verwendet; denn alle Teile eines Schweines sind verwertbar (bis auf das Schreien der Tiere, sagen sie), nichts, gar nichts, wird weggeworfen. Garcias Aufgabe war es, das Gehirn der getöteten Tiere zu entfernen; dazu setzte er eine Art Metallrohr oder besser, eine Art Staubsauger, an das Gehirn der toten Schweine an, das die Gehirnmasse herauszog, es sieht aus wie rosa Pudding, lacht Garcia, wenn er über seine Arbeit an der Gehirnmaschine spricht. Das Lachen klingt verlegen, nicht fröhlich. Jede Sekunde ein Gehirn, das Schlimme, sagt er, ist der feine, rosa Dunst, und dann die rosa Masse, die durch eine mit Plastik verkleidete Öffnung in eine Art Tank fließt. Wenn dieser Tank gefüllt ist, wird er sofort abgeholt und auf ein Frachtschiff gebracht. Asien nimmt diese blass-rosa Masse mit Kusshand, sagt Garcia. Und er erzählt, dass das Band auf immer schnellere Tempi eingestellt wurde, dass die Luft nicht mehr klar wurde, die rosa Masse förmlich in der Luft hing. Der Dunst umwölkte die Arbeiter, die am Kopftisch standen, in einer grässlichen Mischung von Gehirnmasse, Blut und schmierigem Fett. Garcia stand da, 8 Stunden täglich, und immer häufiger noch mehr Stunden, warf Schweineköpfe in die Gehirnmaschine, saugte das Gehirn der toten Tiere heraus, das automatisch in den Tank floss, der wohl unterhalb dieses Raumes war. Danach warf er die leeren Schädel auf eine Rutsche, die diese Teile aus dem Gesichtsfeld der Arbeitenden entfernte. Es war nicht die Grippe, die Garcia aufs Krankenbett warf. Es begann ein langer Weg von Arzt zu Arzt, von Krankenhaus zu Krankenhaus. Garcia wachte eines Tages auf: seine Beine versagten den Dienst. Hohes Fieber und stechender Kopfschmerz begleiteten diese Symptome. Jeder Test zeigte neurologische Abnormitäten, das gefährlichste Symptom war eine Entzündung im Rückenmark, die als eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert wurde. Es war, so erklärte es der Neurologe Garcia, als attackiere sein eigener Körper seine Nerven. Am Weihnachtstag eröffneten ihm die Ärzte, dass er sich auf ein Leben im Rollstuhl vorbereiten solle. Man hatte ihm sogar einen Psychiater gesandt, der ihm diese fürchterliche Nachricht überbringen sollte. Es wird geforscht, inwieweit die Tätigkeit Garcias an den offenen Gehirnen der Schweine zu tun hat mit seiner schweren Erkrankung (Genoway 2011).[1] Reportagen wie diese dringen nur sehr selten an die Öffentlichkeit. Der Druck in der Fleischbranche nimmt zu, immer billigeres, d.h. kostengünstigeres, Schweinefleisch zu produzieren, das setzt die dort Arbeitenden fürchterlich unter Druck: immer schlechtere Bezahlung, immer mehr Überstunden, lausige Arbeitsbedingungen, der chronische Stress an einem sehr belastenden Arbeitsplatz usw. kann die Beschäftigten krank machen. Schreckliche Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne brachten Arbeiter in Schlachthäusern und Fleisch verarbeitender Industrie dazu, sich zu organisieren. Rinderschlächter aus Chicago organisierten bereits im Jahre 1878 einen Verband, der ihre Interessen vertrat. Der Beginn einer effektiven Organisierung in diesem Gewerbe kann in der Gründung der Amalgamated Meat Cutters and Butcher Workmen of North Amerika,Vereinigte Fleischer und Metzger von Nordamerika, gesehen werden. Im Jahr 1904 waren mehr als 50 000 ArbeiterInnen in einen Streik für höhere Löhne getreten. Aber, und ich verweise hier auf Brechts Die heilige Johanna der Schlachthöfe, der Streik musste aussichtslos bleiben. Das Klagen der Packherren, der Aufkäufer und Viehzüchter hat Bertolt Brecht in der Heiligen Johanna der Schlachthöfe, kurz Die Johanna genannt, in Verse gesetzt: DIE AUFKÄUFER: Da stehen wir Aufkäufer mit Gebirgen von Büchsen Und Kellern voll von gefrorenen Ochsen. Und wollen verkaufen die Ochsen in Büchsen Und niemand erwirbt sie! Und unsre Kunden, die Küchen und Läden Sind bis zu den Decken voll von Gefrierfleisch Und brüllen nach Käufern und Essern Wir kaufen nichts mehr! DIE PACKHERREN: Da steh‘n wir Packherren mit Schlachthof und Packraum Die Ställe voll Ochsen, Tag und Nacht unter Dampf Laufen die Maschinen, Pökel, Bottich und Sudkessel Und wollen die Herden, die brüllenden, fressenden Umwandeln in Büchsenfleisch, und niemand will Büchsenfleisch. Wir sind verloren! DIE VIEHZÜCHTER: Und wir, die Viehzüchter? Wer kauft unser Vieh? In unseren Ställen stehen Ochsen und Schweine, fressend teuren Mais Und auf den Zügen fahren sie heran und fahrend Fressen sie, und auf den Bahnhöfen in Zinsfressenden Verschlägen warten sie, immer fressend. MAULER: Und jetzt weisen die Messer sie zurück. Der Tod, dem Vieh die kalte Schulter zeigend Schließt seinen Laden (Hervorhebung von mir). (Brecht 1962).[2] |
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