Ein offener Brief an die Universität Basel bezüglich ihres Umgangs mit sexualisierter Gewalt

Disclaimer: Folgender offener Brief und die gesammelten Unterschriften werden zum 8. März der Universitätsleitung Basel zugeschickt. 

Liebe Leitung der Universität Basel,
Sehr geehrte Frau Braun Binder,  

Mit diesem Brief wollen wir auf die Stellungnahme vom 11. Dezember 2024 bezüglich der Vorwürfe von sexualisierter Gewalt an Studierenden reagieren. Die Stellungnahme der Universität Basel ist frustrierend und hinterlässt den Eindruck, dass die Ernsthaftigkeit der Situation nicht anerkannt wird. Als Student*innen und Mitarbeiter*innen der Universität Basel wünschen wir uns ein Arbeits- und Lern-, bzw. Forschungsumfeld, in welchem wir nicht mit der Gefahr rechnen müssen, von einem Vorgesetzten oder einem Professor sexuell belästigt oder genötigt zu werden. Es ist verantwortungslos von der Universität, wissentliche Stellen erneut auszuschreiben, die bereits früher eine potenzielle Gefahr für Studierende dargestellt haben. Doch genau das tut die die Universität Basel: Professoren, welche mit schwerwiegenden Vorwürfen sexualisierter Gewalt belastet sind, führen weiterhin ihren Beruf aus, dürfen Hiwis einstellen und Doktorand*innen betreuen. Damit werden Studierende einer Gefahr ausgesetzt, über welche die Universität wissentlich nicht informiert.  

Die Universität wollte den Bericht zu den durch den Kassensturz bekannt gemachten Vorfällen nicht herausgeben und als sie sich schliesslich durch einen gerichtlichen Beschluss aufgrund des Öffentlichkeitsprinzips dazu gezwungen sah, wurden trotzdem weiterhin das betroffene Departement und die Namen der beschuldigten Professoren zurückgehalten. Im Interview vertritt die Universität den Standpunkt, in diesem Fall das Persönlichkeitsrecht über das Öffentlichkeitsrecht zu stellen. Das zeigt deutlich, welche Personen der Universität als schützenswert erscheinen und welche nicht: Offenbar wurden keine entsprechenden Massnahmen ergriffen, um Studierende davor zu schützen, sich in ein asymmetrisches Arbeitsverhältnis zu begeben, in dem sie potenziell sexualisierte Gewalt erleben. Professoren dagegen, denen sexualisierte Gewalt vorgeworfen wird, dürfen weiterhin ungestört ihren Beruf ausüben. Die Universität hat an dieser Stelle gegen ihre eigenen ethischen und moralischen Werte gehandelt (→ Code of Conduct). Das Persönlichkeitsrecht höher zu gewichten als das Öffentlichkeitsrecht ist ein klares Statement zugunsten der Täter: Die beschuldigten Professoren werden geschützt, während die von Gewalt Betroffenen die Universität verlassen und ihre Karriere abbrechen mussten. Weitere Studierende werden erneut derselben Gefahr ausgesetzt. Tatsache ist, dass genau das geschehen ist: Täterschutz.  

Im weiteren Verlauf des Interviews weist die Universität jegliche Verantwortung für ihre Art, diesen Fall transparent zu kommunizieren, ab:  

Somit wissen wir auch, dass wir beispielsweise nicht öffentlich Stellung nehmen dürfen, um welche Departemente oder Fakultäten es sich handelt – ungeachtet dessen, ob wir das wollen oder nicht. Wir sind nicht in der Lage, durchgehend und vollständig transparent über die Vorfälle zu kommunizieren.“  

Aus diesen Worten lässt sich nur schliessen, dass die Universität nicht bereit ist, sich der ethisch moralischen Verantwortung zu stellen, die diese beiden Fälle verlangen. Stattdessen stellt sie sich als handlungsunfähige Institution dar, welche nicht in der Lage sei, ihrem Gewissen nach handeln zu dürfen. Im weiteren Verlauf des Interviews wird diese Handlungsunfähigkeit immer wieder betont und somit die eigene Verantwortung von sich geschoben. Die Universität untersteht jedoch keinem Verbot, Professoren, die sexualisierte Gewalt an Studierenden ausüben und die ausreichend Zeit und Raum hatten, sich in einem Verfahren gegen die Vorwürfe zu wehren, zu kündigen. Wie in einem Interview der BaZ mit Prof. Dr. iur. Roger Rudolph von der UZH bereits 2023 erläutert wurde, sind Professoren nicht unkündbar – gerade hier wird sexuelle Belästigung als ausreichender Grund für eine Kündigung genannt. Mit ihrer Entscheidung, eine Kündigung zu unterlassen, ist die Universität dennoch verpflichtet, entsprechende Massnahmen zu ergreifen, um Wiederholungsfälle zu unterbinden. Mit ihrer Passivität, dem Schweigen und der Abwesenheit von Transparenz ist sie an dieser Stelle ihrer Pflicht nicht nachgekommen. Zur schwierigen Umsetzung der Abmahnung heisst es in der Stellungnahme:  

„[…] wir können als Universität keine Überwachung unserer Angehörigen institutionalisieren und die Professoren auf Schritt und Tritt begleiten. Wir setzen auf eine Vertrauenskultur, die wir auch weiterhin leben möchten.“  

Die Universität spricht von Vertrauenskultur. Gleichzeitig ist es den Studierenden und Mitarbeitenden nicht möglich der Universität zu vertrauen, wenn diese sie nicht vor Übergriffen schützt. Wie muss die Entscheidung verstanden werden, denjenigen zu vertrauen, welchen ein kriminelles Delikt vorgeworfen wird, während eine Nachwuchsforschende die Universität verlassen und ihre Karriere abbrechen musste? 

«Eine Verunsicherung und Verletzung kann man durch eine personalrechtliche Massnahme nicht einfach wieder gut machen.»  

Das ist natürlich wahr. Nichts kann solche Erlebnisse wieder gut machen. Mit dieser Aussage distanziert sich die Universität allerdings von jeglicher Verantwortung gegenüber Studierenden und Mitarbeitenden. Es wäre aber von grosser Notwendigkeit, dass die Universität weitere Vorfälle sexualisierter Gewalt verhindert (z.B. durch Präventionsmassnahmen), die Erlebnisse der Betroffenen ernst nimmt und anerkennt, sowie die Täter zur Verantwortung zieht.  

Es ist bekannt, dass Institutionen mit asymmetrischen Machtgefällen – und davon sind Universitäten betroffen – besonders anfällig sind für derartigen Machtmissbrauch. Gerade deshalb und weil die Universität einen Bildungsauftrag hat, muss konsequent gehandelt werden. Es ist ironisch zu sehen, wie die Institution, an welcher kritisches und reflektiertes Denken gelehrt wird, nicht den Willen hat, den so gerne hochgehaltenen Code of Conduct tatsächlich umzusetzen.  

Die Universität hat nie weggeschaut und wird das auch in Zukunft nicht tun.“  

Aus dem Bericht des Kassensturz vom 05.11.2024 geht das Gegenteil hervor: Die Studienberatung der Universität habe der Betroffenen geraten, still zu schweigen und keine Beschwerde einzulegen, wobei die Universität dies jedoch abstreitet. Selbstverständlich ist dies als Aussenstehende nicht beurteilbar, das bisherige Verhalten der Universitätsleitung in Bezug auf diese Missbrauchsfälle stellt die Glaubwürdigkeit der Universität jedoch in Frage.  

Gegen Ende des Interviews äussert sich die Universität wie folgt: „Wir meinen das ernst mit der Nulltoleranz. Wir akzeptieren keine Verletzung der persönlichen Integrität, weder Diskriminierung noch Mobbing noch sexuelle Belästigung.“ Sollten diese Worte ernst gemeint sein, warten wir auf entsprechende Handlungen. Denn aktuell toleriert die Universität in vollem Bewusstsein die Möglichkeit weiterer sexualisierter Gewalt an Studierenden, Doktorierenden, Hiwis oder weiteren Angehörigen der Universität. Wir verlangen von der Universität nichts weiter, als sich an den Code of Conduct zu halten und entsprechende Massnahmen zu ergreifen, anstatt sich in haltlosen Ausreden zu verfangen.  

Mit freundlichen Grüssen
Kollektiv Dulifera


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