Historische Bahnsteighallen von Duisburg Hauptbahnhof erhalten
Die Deutsche Bahn AG hat angekündigt, noch in diesem Jahr im Kontext eines Investitionsprogrammes zur Modernisierung der Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen mit dem Abriss der von 1931-34 in Stahlskelettbauweise errichteten Duisburger Gleishallen mit schwebenden Dächern, die ohne Pfeiler auskommen - auch für heutige Verhältnisse ein Meisterwerk der Baukunst -, und somit Barrierefreiheit gewährleisten, zu beginnen.
An ihrer Stelle soll eine wellenförmige Dachkonstruktion entstehen, die gegenüber ihrem Vorgänger ingenieurstechnisch einen Rückschritt bedeuten würde, weil die Dächer in diesem Entwurf wieder konventionell von - parallelen - Rundpfeilern oder Säulen getragen werden.
Die Frage steht im Raum, ob mit dem Abriss eines bedeutenden Kulturdenkmals öffentliche Gelder zweckentfremdet werden, statt sie für die Sanierung und Restaurierung zu verwenden?
Die Petition fordert daher einen Stopp und eine Überarbeitung der Pläne.
Staatliche Subventionen des Bundes und des Landes für die Modernisierungsoffensive zur Erneuerung von Bahnhöfen in NRW sollten nicht für den Abriss von Architekturdenkmälern verwendet werden. Es sollte vielmehr konstruktiv und kompromissorientiert nach Wegen gesucht werden, die historischen Bahnsteighallen des Duisburger Hauptbahnhofs ganz oder teilweise zu erhalten und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG sowie den zuständigen Ministerien und Fachaufsichten die Pläne zu überarbeiten.
Im Falle der Realisierung des von der DB AG vorgestellten Plans für einen Dachneubau in Duisburg, dessen Kosten sich im Rahmen des 1-Milliarde-Euro-Programms zur Erneuerung von 150 Bahnhöfen in NRW, an dem das Land neben der Hauptfinanzierung durch den Bund mit mehr als 300 Mio. Euro beteiligt sein wird, einem Pressebericht zufolge, auf rund 150 Millionen Euro belaufen sollen, droht ein bedeutendes Stück Architekturgeschichte verlorenzugehen, da bis dato kein Willen zu erkennen ist, wenigstens einen Teil oder eine der dortigen Bahnsteigbasiliken - ausgestattet mit filigranen und eleganten Obergadenfenstern, die einen natürlichen Lichteinfall gewährleisten, und Seitenschiffen für die ein- und ausfahrenden Züge - aus der Zeit der Klassischen Moderne der ausgehenden Weimarer Republik, für die Nachwelt bzw. künftige Generationen als anschauliches und sinnlich erfahrbares Beispiel der Architekturgeschichte zu erhalten. Es würde damit auch ein Stück Weltkulturerbe von der noch jungen Geschichte der Bahnhofsarchitekturen unwiederbringlich verlorengehen.
Die Petition spricht sich nicht gegen Neubauprojekte aus. Es käme nach Ansicht der Verfasser jedoch darauf an, zu überlegen, wo - auch ästhetisch anspruchsvolle - Neubauten sinnvollerweise errichtet werden könnten. Da auch für den Dortmunder Hauptbahnhof umfangreiche Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen vorgesehen sind, und die dortigen Bahnsteigüberdachungen längst nicht so außergewöhnlich sind wie ihre älteren Duisburger "Geschwister", würde das neue Wellendach in Dortmund sicher eine architektonische Bereicherung darstellen, und die Baugeschichte chronologisch fortschreiben, ohne sich der Anschaulichkeit historischer Orte, wie sie die Route Industriekultur im Ruhrgebiet mit den historischen Duisburger Gleishallen anbietet, zu entledigen.
Mit entsprechenden Gestaltungskonzepten und unter Beteiligung von Kunsthandwerkern und freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern könnten die Duisburger Bahnsteigbasiliken von 1931/34 zu einem Magnet nicht nur für Architekturinteressierte aus aller Welt werden, sondern böten der Duisburger Bürgerschaft genügend Grund, mit Selbstachtung und Wertschätzung auf die eigene Geschichte und die baukulturellen Leistungen ihrer Vorväter und -Mütter zu blicken, die aus einer ehemals agrarisch geprägten Region urbane Zentren unternehmerischer Vielfalt - auch Formenvielfalt - geschaffen haben.
In diesem rückbesinnenden Sinne bittet die hier vorliegende Petition die Abgeordneten des Nordrhein-Westfälischen Landtags und die Landesregierung von NRW sowie die Bundesregierung darum, die Prioritätensetzung bei der Modernisierungsoffensive der Deutschen Bahn AG, an der das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund mit hohen Summen beteiligt sind, zu überdenken, ihrer Verantwortung gegenüber dem Denkmalschutz und der Baugeschichte nachzukommen und der Deutschen Bahn AG Alternativ- und Kompromissvorschläge, wie sie hier skizziert sind, zu unterbreiten.
Denn es geht um nichts Geringeres als um die Erhaltung des baukulturellen Erbes und um die Rettung der Formenvielfalt als Inspirationsquelle und Innovationsmotor für zukünftige Generationen.
Allen Unterstützerinnen und Unterstützern, Mitzeichnerinnen und Mitzeichnern dieser Petition sei herzlich gedankt!
Ihre Unterschriften sind ein öffentliches Bekenntnis und Aufforderung zu einem bewussteren und konstruktiveren Umgang mit der Geschichte, verbunden mit der Forderung an Politik und Verwaltung nach mehr Dialog, Diskurs, Partizipation, Teilhabe und demokratischer Mitbestimmung.
Wenn eine Bevölkerungsmehrheit aus unterschiedlichen Gründen sich der historischen Qualitäten von Kunsthandwerk und Baukultur nicht bewusst ist oder sich nicht dafür interessiert, und Politiker, Minister und Planungsstäbe in ihrem Tun und Handeln sich auf diese "Mehrheiten" berufen, kann man schon von bewusstlosen Entscheidungen sprechen, die sich die Misere und das Desinteresse in allgemeinen und speziellen Bildungsfragen zunutze machen. Dagegen wendet sich diese Petition.
Herzliche und nachdenkliche Grüße!
gruppe form&begriff
gez. W.-D. Haberland, Elaine Emile, Dieter Dreipaß
Metropole Ruhr, NRW, Germany, 18.02.2017
Weblinks:
https://de.wikipedia.org/wiki/Duisburg_Hauptbahnhof
https://bauprojekte.deutschebahn.com/p/duisburg-hbf
Informationen und Bilder zur Abrissbirne und zum Abriss historischer Stadtquartiere (sog. "Management des Stadtumbaus" seit 2002) in Duisburg:
http://bruckhausen.blogspot.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtumbau
W.-D. Haberland Verfasser der Petition kontaktieren
Mitteilung des Administrators dieser WebsiteWir haben diese Petition geschlossen und die persönlichen Daten der unterzeichnenden Personen entfernt.Die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (DSGVO) erfordert einen legitimen Grund für die Speicherung persönlicher Daten sowie die kürzestmögliche Aufbewahrung der Informationen. |