Rettet die Musikhochschulen


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2013-08-13 06:58

#1180: - Re: Re: Re: Re: Reflexhafte Hochkulturverteidigung?

(mit der Genehmigungdes Verfassers)

Frau Ministerin, Sie sind nicht ausreichend informiert

In einem offen Brief wendet sich Werner Till, Vorsitzender des Hochschulfördervereins, an Ministerin Theresia Bauer.

Sehr geehrte Frau Ministerin,

während Ihres Besuches in Trossingen am 2.8. habe ich Ihnen eine Frage zu den Kosten pro Studienplatz verschiedener Musikhochschulen Baden-Württemberg gestellt. Die Frage lautete konkret:

"Das Ziel ist offenbar, rund 4 Mio € pro Jahr an den Musikhochschulen zu sparen. In Trossingen kostete ein Studienplatz im Jahr 2012 11.900 €/Jahr. In Stuttgart kostete er 15.600 €/Jahr und in Freiburg 16.169 €/Jahr. Stuttgart hat rund 760 Studenten und Freiburg rund 540 Musikstudenten. Wenn nun die Zuschüsse für Freiburg und Stuttgart so gekürzt würden, dass die dortigen Hochschulen mit dem gleichen Geld wie Trossingen pro Student auskommen würden, dann wären nach Adam Riese bereits über 5,1 Mio € pro Jahr eingespart. Also meine Frage: Wieso werden nicht alle Hochschulen mit dem gleichen Budget pro Student ausgestattet wie Trossingen, mit der Folge, dass sogar mehr gespart würde als bei einer Schließung von Trossingen? Wieso können die anderen Hochschulen nicht gleich wirtschaftlich arbeiten wie Trossingen?". Leider wurde diese Frage von Ihnen nicht beantwortet. Ich gehe jedoch davon aus, dass diese Frage sowie die Fragen meines Briefes vom 25.7. von Ihnen noch beantwortet werden.

Mit Erstaunen habe ich zudem den Zeitungsberichten am 3.8. entnommen, dass Sie nicht wissen, dass bereits einer der Experten - Herr Ruby - seine Arbeit in einem falschen Licht dargestellt sieht. Immerhin ist diese offizielle Stellungnahme von Herrn Ruby seit 26.7. öffentlich gemacht und u.a. auf den Internet-Seiten der nmz (neue Musikzeitung - Deutschlands größte Musikfachzeitung) abrufbar.

In Bezug auf Trossingen bzw. Schließungen äußert sich Herr Ruby ebenfalls sehr deutlich: "2) die fünf geladenen ExpertInnen, zu denen ich gehörte, wurden für diese Tagung gebeten, angesichts geplanter struktureller Veränderungen in der gesamten Landschaft der Musikhochschulen in Baden-Württemberg, ihren Blick von außen auf Strukturen und Außenwirkung der fünf Musikhochschulen zu richten und die sich daraus ergebenden Eindrücke zu vermitteln. 3) alle fünf eingeladenen ExpertInnen hatten sich im Vorhinein gegen eine mögliche Instrumentalisierung in einer Rolle als „Sparkommissare“ verwahrt, die für das Ministerium als Feigenblatt dienen könnte, Kürzungen oder Schließungen zu legitimieren. 4) ich selbst hatte mich in einem meiner Statements, das sich auf eine mögliche Schließung des Standorts Trossingen bezog, soweit geäußert, dass ich meine Rolle – sowohl in diesem als auch im Bereich anderer Standorte – auf keinen Fall als Befürworter von Schließungen von Standorten oder Studiengängen sehe."

Wie Sie vor diesem Hintergrund in Trossingen noch betonen konnten, dass die Empfehlungen der Experten einstimmig zu Ihrem Eckpunkte-Papier führten, ist für mich nicht nachvollziehbar. Im Übrigen handelte es sich bei keinem der Experten um Fachkollegen aus Rhythmik/EMP (elementare Musikpädagogik) und Alte Musik. Ich kann daher nur den Eindruck gewinnen, dass Sie nicht ausreichend informiert sind. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie daher davon in Kenntnis setzen, dass seit 2.8. - ebenfalls auf der Homepage der nmz veröffentlicht - die kulturpolitische Sprecherin von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag, Frau Agnes Krumwiede MdB,  auf Distanz zu Ihrem Vorschlag geht. Dort heißt es wörtlich: "Die Musikhochschule in Trossingen soll nach Überlegungen des Ministeriums auf die Schwerpunkte Alte Musik und EMP zusammengeschmolzen werden und zukünftig die Musikhochschul-Akademie Baden-Württemberg beherbergen. Diese Maßnahme wirkt auf mich wie eine Amputation mit gleichzeitiger Therapie gegen Phantomschmerzen. Ich bin der Überzeugung, dass hier bis zum Abschluss des Dialogverfahrens eine bessere Lösung gefunden werden kann."

In der Hoffnung, dass Sie an einem offenen, sachlichen Dialog interessiert sind, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Werner Till